Im Februar 2012 brachten Petrus und Pathe gemeinsam als Eks und Hop die gleichnamige EP “Petrus und Pathe” als Free Download raus. Im Zuge dessen entstanden auch drei sehr sehenswerte Videos.
Nun veröffentlichen Eks und Hop die EP als Remix Edition. Die Haus und Hof Produzenten Epic Infantry sitzen ebenso am Regler wie Jay Baez, DJ s.R., Drum Kid und SirPreiss. Als Bonustracks packen die Wuppertaler u.a. auch den Track “Auszeit” dabei, zu dem ein sehr simples, aber perfekt zum Song passendes Video gedreht wurde.
Die Originalversion der Petrus und Pathe EP inklusive einer ausführlichen Plattenkritik gibt es hier:
01. Eks & Hop (Drum Kid Remix) 02. Damals feat. Sinuhe & Prezident (DJ s.R. Remix) 03. Gerede (Epic Infantry Remix) 04. Schulter an Schulter feat. Kamikazes & DJ Jefkoe (Epic Infantry Remix) 05. Heile Welt (Jay Baez Remix) 06. Psychodriete (Epic Infantry Remix) 07. Murmeltier (SirPreiss Remix // Cuts v. Kallsen)
BONUS TRACKS 08. Petrus – Auszeit (prod. v. Jay Baez) 09. Petrus & Sinuhe – Rastlos (prod. v. Epic Infantry) 10. Eks & Hop – Liebe zum Detail (prod. v. Jay Baez)
Gut Ding will Weile haben. Und während eine Vielzahl der aktuellen Downloads schnell durchgehört und wieder abgehakt werden kann, schreiben die Wuppertaler Eks & Hop aka Petrus und Pathe “zusammen jetzt schon 10 Jahre Geschichte”. Das heißt zunächst wenig, denn manche Musiker schrieben auch mal gerne eine Dekade an der falschen Geschichte oder verlieren den roten Faden ihres gut gemachten Anfangs. Sind Eks & Hop aus anderem Holz geschnitzt oder heißt es auch hier durchgehört und dann ex und hopp im Sinne von abgehakt?
“Wir steh’n für alte Werte wie für Ehre und Stärke, doch treffen in den meisten Köpfen nur auf gähnende Leere”
Mit dem Titelgebenden Song “Eks & Hop” stellen sich Eks & Hop netterweise erst einmal vor. Das erledigen die beiden nicht nur reimtechnisch gekonnt, sondern zeigen trocken und direkt ihre ganze Routine auf einen Ohrwurm Beat von Epic Infantry. Das Produzenten Duo aus Wu-Tal bietet darauffolgend gleich das nächste musikalische Brett für “Damals”, zu dem es auch ein sehenswertes Video gibt. Auf dem Track werden die nicht weniger routinierten Stadtkumpanen Sinuhe und Prezident gefeatured. Das funktioniert, wer hätte es nicht gedacht, verdammt gut. Prezident kümmert sich solide um die Hook, während Petrus, Pathe und Sinuhe jeweils einen top Part abliefert. Da war es keine falsche Entscheidung, genau zu diesem Track ein Video zu drehen.
“Das gleiche Team seit Jahr’n – Wuppertaler Veteranen – 60 Jahre Rap Erfahrung kommt zusammen in den Bars”
In “Gerede” wird genau das verarbeitet, was der Titel andeutet. Und diese verarbeitete Aussage wiederum ist ehrlich, direkt und auf den Punkt gebracht. Das Gleiche gilt für den melodisch-ruhigen Beat. Auch hier zeichnen sich wieder Epic Infantry verantwortlich. Zu “Gerede” wurde übrigens ebenfalls ein Video gedreht:
Ging es die ersten drei Tracks eher ruhiger zu, so wird jetzt der musikalische Boxhandschuh ausgepackt. Zusammen mit den Kamikazes stehen Eks & Hop “Schulter An Schulter” und ziehen die Battle Kappe auf. Der Beat von Undress dazu kommt, ebenso wie diese MC Kombination und die Thematik, mit Pauken und Trompeten. DJ Jefkoe rundet das ruffe Dream Team ab und cuttet lauter böses Zeug.
Zurück zu den ruhigeren Tönen bzw. in eine “Heile Welt”. Die hypnotischen Celle- und Streichertöne untermalen sehr erdrückend die Ironie des Titels, denn die Welt, die Eks & Hop hier beschreiben, hat nichts mit Sommer, Strand, Sonne und All Inclusive zu tun. Am Beat saßen ein weiteres Mal Epic Infantry – gewohnt gut.
“Komm ich zeig dir eine Welt, in der die Menschen unter Brücken schlafen, Aussichten beschissen sind, wenn Lebensläufe Lücken haben”
“Psychodriete” ist der musikalische Spiegel, den Eks & Hop dem Hörer vorhalten möchten: Probleme, Geldsorgen und ganz unten sein sowie die seltenen Höhen des Lebens – Eks & Hop wissen wovon sie reden und teilen sich auf einem Patchworks Beat so eindrucksvoll mit, als äußerten sie das alles zum ersten Mal. Vielleicht ist es auch so. Der Beat ist einer dieser Akustikgitarren Beats auf dieser EP, die von Epic Infantry hätten sein können. Das sei erst einmal wertfrei dahingestellt.
“Toast und Salami im Magen und einen Stein in der Brust”
Jeder Track ist bisher im Grunde ein wenig Story Telling gewesen. Aber “Murmeltier” treibt das bisher Dagewesene auf die Spitze und beschreibt sehr bildlich-sarkastisch die jeweiligen Arbeitstage von Eks & Hop. Vom nicht gerade angenehmen Aufstehen über den schlauchenden Arbeitstag bis hin zum Feierabend – man ist als Hörer mittendrin statt nur dabei. Produziert hat Jay Baez und dieser Beat könnte ein Patchworks Beat sein, der nach Epic Infantry klingt. Das ist erneut erst einmal wertfrei dahingestellt.
Nicht ganz so wertfrei ist der achte und letzte Track der EP zu sehen bzw. hören. AKD´s Dubstep Remix von “Heile Welt” ist aus zweierlei Gründen überflüssig oder für mich zumindest problematisch: Erstens – und das ist oft der Genickbruch eines Remixes – ist das Original schon gut genug, sogar besser. Zweitens kommt der Remix zwar aggressiver daher und verleiht den Texten von Eks & Hop eine düsterere Atmosphäre, aber der Synthie Beat reißt den Hörer irgendwie unsanft aus der melodischen Epic-Patchworks-Baez-Welt. Ein musikalischer Krieg der Welten sozusagen.
FAZIT
Angedeutet habe ich es schon öfter, nun legen wir die Karten mal auf den Tisch: Die EP gefällt mir ausgesprochen gut und das liegt zum Großteil an den Beats. Diese sind sehr musikalisch und “gefüllt”: Viele Instrumente treffen auf intelligent gesetzte Drums und Percussions. Der angedeutete Haken an der Beat-Wahl ist allerdings, dass alle Produktionen unabhängig von den Produzenten aus einem Guss klingt. Petrus und Pathe bewiesen mit den ausgesuchten Beats einen auffälligen Hang zu gezupften Akustikgitarren und Flötentönen. Darunter leidet die Abwechslung ein wenig.
Der inhaltliche Duktus umfasst das nicht allzu angenehme Leben in Wuppertal, möchte man es ganz aber auch wirklich ganz gang platt auf die Essenz reduzieren. Daran ist an sich nichts auszusetzen, aber der ein oder andere hat sich da schon an Prezident und den Kamikazes sattgehört. Dass Eks & Hop trotzdem erfolgreich über den Wuppertellerrand schauen, merkt man an den zahlreichen Vergleichen und Lebensweisheiten. So kann sich auch der Nicht-Wuppertaler einige Scheiben abschneiden. Einfach, weil dat Dingen hier so ehrlich und wahr is.
Der Sound der EP ist sauber und das ist so vollen Beats nicht zu unterschätzen. Das gleiche gilt für die Stimmen. Lässt sich auf dem MP3 Player und ranzigen Laptoplautsprechern gleichermaßen vernünftig anhören.
Die Fotos für das Cover hat k.pictures geknipst und die Dame scheint mir halb Wuppertal vor die Linse geholt zu haben. Zumindest die an “Petrus & Pathe” beteiligten Musiker wurden alle schon mehr als einmal von k.pictures abgelichtet, woraus dann Albencover entstanden sind. Das Artwork von Levent Bulut ist im positiven Sinne rapklischeemäßig: Schwarz-weiß-Fotos mit weiß-roter Schrift – so gesehen alles richtig gemacht, weil das immer funktioniert. Zumal es die Stimmung der EP sehr gut einfängt
Alles in allem ist die Spiellänge zu kurz geraten. So qualitativ hochwertigen Rap wünsche ich mir in Zukunft auf Albumlänge und dann auf keinen Fall als Free Download. Das Ding hier plus drei, vier Tracks mehr hätte in jedem Fall den ein oder anderen Euro in die Eks & Hop Kasse gespielt. Man darf auf die nächsten 10 Jahre gespannt sein.
Ein Kamikaze ist laut wild gegoogleter Definition ein „Pilot […] der sich unter Selbstaufopferung mit seinem Bombenflugzeug auf feindliche Ziele stürzt.“
Soweit so gut. Die Kamikazes aus Wuppertal (auch bekannt als Kamikaze Brothers) kommen zu zweit daher und packen genau diesen Grundsatz in ihre Musik: Selbstzerstörung. Die Szenarien und Beschreibungen der Lebensumstände sind so düster, wie die selbstproduzierten Beats. Friede, Freude, Eierkuchen gibt’s woanders.
War’s das? Kann man das aktuelle Release „Königsmische“ so einfach abhaken? Oder ist „Königsmische“ eben erwähntes Bombenflugzeug, dass seine Kraft beim Einschlag zeigt?
„Selbst der Papst spart sich die Kommentare, das hier ist zu andersartig, angesagt ist anders“
Die Kamikazes eröffnen den musikalischen Sturzflug auf den Hörer mit einem sehr schönen Intro. Aber was heißt schön? Der düster-schleppende Beat von Fella Oner ist wegweisend für das ganze Album, soviel schon vorab.
Der Titeltrack „Königsmische“ kommt da um einiges flotter daher. Mythos und Antagonist thematisieren hier ihre Brüderschaft auf einem eher durchschnittlichen Synthie-Streicher-Beat. Macht nix, Message kommt an.
„Und was du Freitag Abend machst, machen die Brüder Montag Nachmittag“
Kamikazes – Königsmische
Das erste von zwei Features kommt von Prezident und ist im Track „Blutgruppe NCI“ die gewisse Prise Salz in der Kochsalzlösung. Der Beat ist extrem böse und atmosphärisch, inhaltlich wollen die Parts aber nicht 100%ig zusammenpassen. Egal, die Message kommt hier ebenfalls an.
Feature Nummer Zwei stammt von Lokikzz, der auf dem meiner Meinung nach stärkstem Beat des Albums einen sauberen Part abliefert. Schade nur, dass der Track sehr kurz ist, was wohl am fehlenden bzw. nicht vorhandenen Part von Antagonist liegen mag. Nichtsdestotrotz ein Track der im positiven Sinne hängenbleibt.
„Nix verloren“ bietet Anlass, noch ein, zwei Worte über die Beats zu verlieren: Düster, minimalistisch, zweckmäßig. Ok, das waren jetzt drei Worte. Allerdings gewöhnt man sich als Hörer schnell an den geschlossenen Kreis dieser Machart. Die Beats machen, wie der Inhalt auch, das ganze Album extrem rund. Auch wenn mancher bemängeln dürfte, dass „Königsmische“ hauptsächlich die alkoholgetränkte und weedvernebelte Schattenseite Wuppertals beleuchtet. Ein Seitenwechsel sorgt da manchmal für neue Perspektiven. So kann der Hörer in „Nix verloren“ nachvollziehen, warum die Kamikaze manchmal lieber unter sich sein wollen.
Der Inhalt von „Auge um Auge“ ist dem Titel gemäß selbsterklärend. Der Beat sticht vom Arrangement, den Instrumenten und den hypnotischen Streichern her stark hervor. Einer der stärksten Tracks des Albums.
„Vertrau niemals, grad wenn sie von Freiheit reden – Des einen Freiheit ist des anderen Knebel“
Kamikazes & Prezident – Auge um Auge
„Wer oder was ist Berlin?“, fragt Antagonist. Antworten auf diese und andere Fragen beantworten die Kamikazes in ihrer Stadthommage „Wupperclass“ und setzen damit „dem Scheißhaufen nur die Krone auf“. Der Beat haut nicht wirklich vom Hocker, aber wie gesagt: Sie sind oft auch mal praktisch bzw. minimalistisch. Und ja, auch düster.
Praktisch-minimalistisch-düster geht es weiter. „Jung & stur“ könnte man als zweiten Teil vom Titeltrack sehen. Nicht besser, nicht schlechter. Man hat es eben nur schon irgendwie gehört. Diesen Makel macht „Kreuz“ schnell wieder wett. „Atmosphärische Endzeitapokalyptik“ würde den Track in etwa so umschreiben, als wäre das Thema ein Kaffeekränzchen. Doch es geht mehr in die Richtung Jesus am Kreuz, aber nagelt mich nicht drauf fest! Am Ende höre ich so etwas wie Cuts, die ich übrigens auf dem gesamten Album schmerzlich vermisse. Muss ja nicht sein, aber sie hätten dem Gesamteindruck sicher nicht geschadet.
Fella Oner schließt „Königsmische“ mit einem sehr experimentellen Beat für das Outro. Aber was sag ich? EIN Beat? Nein, das Outro besteht aus zwei Beats, wobei der zweite Teil mit einem extrem eingängigen Vocalsample aufwartet. Dann ist plötzlich Schluss und man möchte sich mit einem Kasten Bier zu Hause einschließen und das Album noch einmal hören.
FAZIT
Das Album schlägt ein wie ein Bombenjet. Selbst der notorischste Beatnörgler und Textezerpflücker wird sich der Atmosphäre von „Königsmische“ nicht entziehen können. Mythos und Antagonist saugen die Eindrücke ihrer Umwelt ein und kotzen sie dem Hörer so ehrlich-direkt vor die Füße, dass man nicht weghören kann. Vom Inhalt ab, muss man aber ein Freund der Beats sein. Das Album ist zum Durchhören super, sich einen einzigen Favoriten rauszupicken ist hingegen schwer. Die Songs leben vom Song davor und danach. Ja, auch das Intro und Outro, denn „Königsmische“ lädt definitiv zum mehrmaligen Hören ein.
Der Sound ist, oh Wunder, praktisch-minimalistisch-düster. Eine glasklare, polierte Produktion würde „Königsmische“ aber auch nicht stehen. Die Beats könnten mehr drücken. Dafür sind die Stimmen verständlich und darauf kommt es ja letztendlich an.
Das Cover besteht, nun ja, aus zwei Fotos. Überrascht war ich vom Hochkantformat. Ist also nix zum Ausdrucken und in den CD-Hülle packen. Das wiederum ist aber auch halb so tragisch, den es kommt recht lustlos designt und deshalb recht zweckmäßig daher.